Amphibien im Liebesrausch

Die große Wanderung der Kröten, Frösche, Molche und Co.

von Nora Künkler

Auf Wanderschaft

Sobald die Temperaturen nachts einige Zeit ein paar Grad über Null liegen und es draußen feucht ist, erwachen die Amphibien in großer Zahl aus der Winterstarre und machen sich auf den Weg in ihre Laichgewässer.

Sie suchen jedes Jahr die Gewässer auf, in denen sie sich selbst von der Kaulquappe zum Frosch oder zur Kröte gewandelt haben. Je nach Witterung beginnt die Amphibienwanderung mal früher, mal später. Typischerweise sind im März die meisten Tiere unterwegs.

Amphibien wandern meist bei Nacht, weil dann die Luftfeuchtigkeit höher ist als am Tag und sie nicht austrocknen. 

Eine Erdkröte beginnt ihre Reise im Schutz der Dunkelheit.

Ein Bild von einem Frosch

Der leuchtend grüne Laubfrosch war früher in Deutschland sehr verbreitet. Sein Bestand nimmt jedoch seit Jahren bundesweit ab. 

Die Bedingungen in Sielmanns Naturlandschaft Wanninchen dagegen sind für ihn ideal. Kleingewässer und strukturreiche Landschaft ohne Beeinträchtigung durch Straßenverkehr, landwirtschaftliche Bearbeitung und Düngereintrag bieten dem nur drei bis fünf Zentimeter kleinen Frosch die passende Umgebung.

Tagsüber dösen Laubfrösche an Blätter oder Äste geschmiegt in der Sonne, da sie im Gegensatz zu anderen Lurchen besser vor Austrocknung geschützt sind. Zur Laichzeit von April bis Anfang Juli finden sich die Männchen zu lautstarken, nächtlichen Balzchören an Gewässern ein.

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Die Kombination von flachen Gewässern und offenen warmen Sandböden, wie sie in Sielmanns Naturlandschaften Wanninchen und Döberitzer Heide vorkommen...
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...sind außerdem für Kreuzkröte, Wechselkröte und auch die Knoblauchkröte ein geeigneter Lebensraum.

Knoblauchkröten leben im Verborgenen

Die Knoblauchkröte heißt so, weil sie in extremen Schrecksituationen ein Sekret absondert, das etwas nach Knoblauch riecht. Sie lebt sehr heimlich in den lockeren Sandflächen der Bergbaufolgelandschaft Wanninchen und auch in der Döberitzer Heide.

Ihre Spezialität ist es, sich mit ihren schaufelartigen Hinterfüßen rückwärts in den Sandboden einzugraben, wo sie tagsüber verborgen bleibt. Erst nachts wird sie aktiv.

Was sie von allen anderen Kröten und Fröschen unterscheidet, ist ihre senkrechtstehende Pupille und ihre auffällig großen Kaulquappen. Sie gilt bundesweit als gefährdet.

Das Herz im Auge und der Fingerabdruck am Bauch

Die herzförmige Pupille ist ein typisches Merkmal der Gelbbauchunke. Wie der Name verrät, lohnt sich bei dieser Gattung ein Blick auf die Bauch-Unterseite. Diese ist bei jeder Gelb­bauchunke individuell gemustert. Die Signalfarbe dient der Abschreckung von Fressfeinden.

Gelbbauchunken benötigen sonnige temporäre Klein- und Kleinstgewässer. Diese erwärmen sich rasch und machen so eine schnelle Entwicklung des Unkennachwuchses möglich. Außerdem sind solche Pfützen und Tümpel meist frei von Konkurrenz und Fressfeinden.

Ursprünglich war die Gelbbauchunke eine typische Auenbewohnerin, wo solche Lebensräume durch die Gewässerdynamik immer wieder neu entstehen. An natürlichen Bach- und Flussauen mangelt es jedoch heutzutage und so weicht sie auf andere Lebensräume aus, wie Fahrrinnen, Pfützen und kleine Gräben.

Jede Unke hat ihr ganz eigenes Fleckenmuster, an dem man sie erkennen kann wie an einem Fingerabdruck.

Moorfrosch macht blau

Zur Laichzeit, die bereits im zeitigen Frühjahr beginnt, locken die Männchen die Weibchen mit einer leuchtend blauen Färbung an. Wie er die Farbe wechselt und warum genau ist bisher unklar.

Sehr starke Bestandseinbußen hat der Moorfrosch erfahren, von dem man nur noch selten Exemplare in Sielmanns Naturlandschaft Döberitzer Heide sehen kann. Verantwortlich für den Rückgang der Art ist auch hier die zunehmende Austrocknung ehemals feuchter Gebiete durch den sinkenden Grundwasserspiegel.

Heinz Sielmann Stiftung pflegt Feuchtbiotope

Um Lebensräume für seltenen Amphibienarten zu erhalten, hat die Heinz Sielmann Stiftung in den vergangenen Jahren Feuchtbiotope entschlammt, neue Kleingewässer angelegt und in trockengefallenen Moorflächen die Wiedervernässung gefördert. Auch die Anlage von Geländemulden hilft den Amphibien.

Mit ihren großen unzerschnittenen Naturschutzflächen sind Sielmanns Naturlandschaften ideale Lebensräume für Amphibien.

Kein Straßenverkehr bedroht ihre Wanderungen zu den Laichplätzen, strukturreiche Landschaften ohne oder mit nur extensiver landwirtschaftlicher Nutzung ohne künstlichen Düngereintrag bieten den Arten gute Voraussetzungen für ihr Überleben.

Einer Rotbauchunke genügt manchmal schon eine große, gut gefüllte Pfütze, die so lange das Wasser hält, bis sich aus dem Laich über die Kaulquappen erwachsene Tiere entwickelt haben.

Reise ins Ungewisse

Doch nicht alle Amphibien haben so viel Glück. Auf ihrer bis zu zwei Kilometer langen Reise zu den Geburtsgewässern müssen Amphibien oft stark befahrene Straßen überqueren. Dabei kommen jedes Jahr abertausende Erdkröten, Springfrösche und Molche ums Leben.

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Mancherorts werden die wandernden Amphibien zu festen Durchgängen, sogenannten Krötentunneln, unter der Straße hindurch geleitet, wie hier bei Tugam in Brandenburg.

Krötenretter:innen im Einsatz

Wo es keine Krötentunnel gibt, helfen Menschen den Tieren sicher über die Straße.

In Niedersachsen, zwischen Fuhrbach und Brochthausen, kümmert sich die Heinz Sielmann Stiftung seit vielen Jahren um den Aufbau eines Amphibienzauns gegenüber der Teiche, die beliebte Laichgewässer sind.

Auch in Sielmanns Biotopverbund Bodensee hat die Amphibienwanderung begonnen, denn die von der Stiftung dort geschaffenen Stillgewässer werden von zahlreichen Kröten, Fröschen und Molchen als Lebensraum genutzt.

In Baden-Württemberg betreut das Projekt-Team der Heinz Sielmann Stiftung in Überlingen gemeinsam mit vielen ehrenamtlichen Helfer:innen jedes Jahr zwei temporär errichtete Amphibienzäune.

Dank ehrenamtlicher Unterstützung kommen jährlich tausende Amphibien sicher ans Ziel.

Zäune, die Leben retten

Am Heinz-Sielmann-Weiher in Billafingen laichen in Spitzenjahren bis zu 4.000 Amphibien, vor allem Erdkröten. Ohne den Schutzzaun, der während der Amphibienwanderung hauptsächlich von Ehrenamtlichen betreut wird, würden viele Kröten, Frösche und Molche dem Straßenverkehr zum Opfer fallen.

Ein Zaun wird jedes Jahr entlang der Landstraße 205 zwischen Stockach-Seelfingen und Owingen-Billafingen errichtet, da diese Straße den Heinz-Sielmann-Weiher von einem nahegelegenen Wald trennt, in dem eine große Anzahl an Amphibien überwintert.

Der zweite Zaun befindet sich am Inge-Sielmann-Weiher bei Überlingen-Bonndorf. Auch hier wandern jährlich unzählige Kröten, Frösche und Molche über die Straße zu ihrem Laichgewässer und würden ohne den Schutzzaun überfahren werden.

Amphibienschutzzaun am Inge-Sielmann-Weiher

So können Sie helfen

Bitte fahren Sie jetzt besonders vorsichtig. Bis Ende April müssen Sie auf Straßen mit wandernden Amphibien rechnen sowie mit Menschen, die zum Schutz der Tiere in den Morgen- und Abendstunden unterwegs sind.

Wenn Sie noch mehr tun möchten, engagieren Sie sich ehrenamtlich während der Amphibienwanderung in einem örtlichen Naturschutz-Verein. Oft werden saisonale Helfer:innen für den Aufbau von Schutzzäunen sowie für den sicheren Transport der Tiere über die Straße benötigt. 

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