Trockenmauer, Totholz & Co.

Strukturen im Garten für mehr Artenvielfalt

von Caroline Hübenbecker

18.07.2025

Kleine Strukturen, große Wirkung

Was auf den ersten Blick nach Gartenabfall oder Bauruine aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als wahres Naturparadies: Ein lockerer Holzstapel, eine sonnengewärmte Trockenmauer oder ein dichter Heckenstreifen bieten Lebensraum für jene Tiere, die es zunehmend schwer haben.

Gerade Igel, Reptilien, Amphibien und Insekten wie Wildbienen finden in aufgeräumten Gärten und intensiv genutzten Landschaften kaum noch Rückzugsorte. Dabei lässt sich mit einfachen Mitteln viel für die Artenvielfalt tun – wenn wir den Mut zur Wildnis haben.

Steine: Lieblingsplatz für Sonnenanbeter

Sie speichern Wärme, bieten unzählige Ritzen und sind ein Paradies für wärmeliebende Reptilien und Insekten: Steinhaufen und Trockenmauern – also aufgeschichtete Natursteine ohne Mörtel – sind echte Multitalente.

In Südexposition gebaut, sind sie Hotspots für Blindschleichen und Eidechsen, die hier jagen, sich sonnen oder verstecken.

Wussten Sie, dass die Mauereidechse auf genau solche Strukturen angewiesen ist? In vielen Gebieten sind Trockenmauern ihr letzter Rückzugsort.

💡Gartentipp: Trockenmauer

Für Trockenmauern sind flache, regionale Natursteine plus etwas Schotter fürs Fundament und Hinterfüllung ideal. Trockenmauern dienen als Beet- oder Grundstücksgrenze, Sitzplatz oder zur Dekoration. Den Bau einer mehrlagigen Trockenmauer überlassen Sie am besten einem Naturgarten‑Profi.

Lesesteinhaufen

Kostengünstiger und platzsparender lassen sich gefundene Steine von Äckern oder Wiesen gezielt im Garten einsetzen. Als lockerer Steinhaufen sind sie strukturreiche Rückzugsorte für Eidechsen, Kröten oder Insekten.

Zwischen den Steinen entstehen Hohlräume, die Schutz, Wärme und Überwinterungsmöglichkeiten bieten.

Große, flache Steine bieten Reptilien Sonnenplätze. Kühle, feuchte Spalten dazwischen nutzen Kröten als Versteck. Poröse oder rissige Steine schaffen Nischen für Insekten. Auch Spitzmäuse und Mauswiesel beziehen ein solches Zuhause gerne.

💡Gartentipp: Steinhaufen

Arrangieren Sie unterschiedlich große Steine mit einem Durchmesser ab 15 cm zu einem 1-3 m³ großen Haufen in windgeschützter Lage. (Erst ab 3 m³ bietet der Haufen zuverlässigen Schutz im Winter.) Für die unterste Steinschicht empfiehlt es sich diese halb in den Boden einzubringen.

Auch Recyclingmaterial wie alte Ziegelsteine finden so eine sinnvolle Zweitverwertung. Unterschiedliche Formen, Größen und Oberflächen der Steine erhöhen die Strukturvielfalt und damit die Vielfalt ihrer Nutzer. 

Totholz: Wo das Leben nach dem Tod beginnt

Liegende Äste, morsche Baumstämme oder alte Wurzelstubben – Totholz ist einer der artenreichsten Lebensräume in unseren Breiten: 

Es ist Nahrung, Versteck und Brutplatz unzähliger Insekten, darunter viele seltene Käfer wie der stark gefährdete Hirschkäfer (Lucanus cervus), der Balkenschröter (Dorcus parallelipipedus) und der Eremit (Osmoderma eremita).

Die Blauschwarze Holzbiene (Xylocopa violacea) nutzt Totholz zur Anlage ihrer Niströhren. In Hohlräumen und unter lockerer Rinde suchen Kleinsäuger und Amphibien Schutz vor Hitze, Fressfeinden oder Frost. Pilze, Moose und Mikroorganismen siedeln sich an und bilden ein eigenes kleines Ökosystem. 

💡Gartentipp: Totholzhaufen

Stapeln Sie Äste, Holzstücke und Holzscheite zu einem 1-1,5 m hohen Haufen an einem windgeschützten, sonnigen Platz. Am besten eignet sich ca. 50 cm langes Holz mit einem Durchmesser von 5-40 cm. 

Geeignete Hohlräume werden von Igeln, Fledermäusen, Vögeln, Eidechsen und sogar Siebenschläfern und Haselmäusen als Versteck, Unterschlupf oder Rückzugsort genutzt.

💡Gartentipp: Reisighaufen

Häufen Sie auf 2-4 m² Strauchschnitt Reisig und dünne Äste mindestens 1 m hoch auf. Vorab die Grasnarbe entfernen, die oberste Erdschicht lockern und etwas Holzhackschnitzel oder Rindenmulch auftragen.

Spinnen, Käfer, Falter, Eidechsen, Vögel wie der Zaunkönig und auch Igel nutzen das neue Zuhause gern.

💡Gartentipp: Baumstumpf

Belassen Sie Baumstümpfe oder Wurzelstubben entweder direkt dort, wo sie bislang auch standen, oder stellen Sie sie in den halbschattigen Bereichen auf. Dort sind sie wertvoller Lebensraum für Käfer und deren Larven, Holzwespen und Erdhummeln. 

Totholzhecken: Lebensadern für Tiere

Totholzhecken bestehen aus locker geschichteten Ästen, Schnittgut und Zweigen. Ursprünglich zur Einfriedung von Flächen gedacht, entwickeln sich solche Totholzhecken im Laufe der Zeit zu wertvollen Lebensräumen: Igel, Vögel, Amphibien und Insekten finden darin Schutz, Unterschlupf oder Brutplätze.

Insbesondere dann, wenn sich durch Sameneintrag aus der ursprünglich "toten" Hecke, ein natürlicher, lebendiger Lebensraum entsteht – wie es der Fall ist bei einer Benjeshecke.

💡Gartentipp: Benjeshecke

Für eine Benjeshecke – eine Form der Totholzhecke – setzen Sie zwei Holzpfosten im Abstand von 1-1,5 m und schichten dazwischen Äste und Zweige locker 1 m hoch auf. Die Länge ist flexibel. Für längere Hecken ergänzen Sie weitere Pfostenpaare. Durch Nachlegen bleibt die Struktur dauerhaft lebendig.

Die lockere Struktur bietet Rückzugsmöglichkeiten und Brutplätze. Zudem wird die Totholzhecke von diversen Kleintieren für ihre Wanderungen genutzt, da sie als sogenanntes Linienbiotop verschiedene andere Biotope miteinander verbindet.

Mit der Zeit kann durch Samenflug und natürliche Sukzession eine dichte, artenreiche Hecke aus Wildsträuchern entstehen. So verbindet die Totholzhecke Strukturvielfalt mit sinnvoller Nutzung von Gartenrückschnitt.

Laub: Die raschelnde Zuflucht im Winter

Abgefallenes Laub ist kein Abfall, sondern wertvolle Ressource – gerade in der kalten Jahreszeit. Laubhaufen sind ideal für Igel, Kröten und Insekten, um darin zu überwintern. So suchen etwa Marienkäfer, Florfliegen und einige Schmetterlingsarten im dichten, isolierenden Material Schutz vor Frost. 

Nicht nur adulte Insekten, sondern auch deren Eier und Puppen überwintern an Blättern und Stängeln. Wer Herbstlaub achtlos in Säcke stopft und abtransportieren lässt, entfernt damit also oft ungewollt die nächste Generation nützlicher Gartenhelfer – noch bevor sie überhaupt sichtbar wird.

💡Gartentipp: Laubhaufen

Häufen Sie Laub kombiniert mit Ästen und Zweigen zu einem (wenn möglich 3 m³) großen, lockeren Haufen an. Ein wind- und witterungsgeschützter Standort zum Beispiel an einer Hecke oder einem Zaun ist ideal. 

Freuen Sie sich über die Anwesenheit von Amphibien, Reptilien und bei großen Hohlräumen auch über Igel. 

Offene Bodenstellen: Kinderstube für Insekten

Offene, vor allem sandige Bodenstellen schaffen wertvollen Lebensraum für Insekten. Wildbienen wie die Sandbiene graben darin ihre Brutröhren, Grabwespen legen ihre Eier im sandigen Substrat ab und Ameisenlöwen lauern im lockeren Sand auf Beute.

Solche offenen Bodenstellen sind in der Landschaft selten geworden – umso wichtiger ist es, sie im Garten gezielt zu schaffen.

💡Gartentipp: Offene Bodenstellen

Etwa 1 m³ ungereinigten, lehmhaltigen Sand auf mindestens einem Quadratmeter zu einer Höhe von 30-50 cm anhäufen. Ein sonniger, trockener und windgeschützter Standort mit südlicher Ausrichtung unter Dachunterständen oder an Zäunen ist ideal. 

Die Sandfläche sollten Sie nicht bepflanzen oder abdecken – je offener und störungsärmer, desto besser für spezialisierte Arten.

Während Wildbienen den Sand für Niströhren nutzen, baden Vögel wie Haussperlinge darin. Eidechsen legen ihre Eier in selbstgegrabenen Erdröhren im Sand ab und sonnen sich ebenso wie Blindschleichen auf der warmen Fläche.

Wasserstellen – Lebensretter an heißen Tagen

Wasser ist im Garten nicht nur für Pflanzen wichtig, sondern auch für viele Tiere. Gerade in trockenen Sommern finden Insekten, Vögel und Kleinsäuger oft keine natürlichen Trinkmöglichkeiten. Eine einfache Wasserstelle kann ihr Leben retten und gleichzeitig für spannende Naturbeobachtungen sorgen.

💡Gartentipp: Wasser

Stellen Sie eine flache Schale auf, die Sie täglich mit frischem Wasser auffüllen. Steine und Ästchen darin bieten selbst kleinen Insekten wie Wildbienen und Schmetterlingen sichere Landeplätze. So können sie gefahrlos Wasser aufnehmen, ohne zu ertrinken. Auch getränkte Schwämme eignen sich gut.

Wer mehr Platz im Garten hat, kann auch über einen kleinen naturnahen Teich nachdenken. Damit schaffen Sie nicht nur eine dauerhafte Wasserquelle, sondern bieten auch Lebensraum für weitere Tiere und Pflanzen. Mit etwas Glück siedeln sich sogar Frösche an.

Nistkästen – Ersatz für verlorene Brutplätze

Wo alte, knorrige Bäume, Ritzen und natürliche Hohlräume fehlen, finden Vögel, Insekten oder Fledermäuse kaum noch natürliche Unterschlüpfe oder Niststätten. Für diese fehlenden natürlichen Strukturen können wir im Garten künstliche Ersatzquartiere anbieten.

💡Gartentipp: Nistkästen

Mit den richtigen Nistkästen bieten Sie Vögeln einen sicheren Brutplatz, der die fehlenden natürlichen Strukturen ersetzt.

Höhlenbrüter wie Meisen oder Kleiber brauchen geschlossene Kästen mit einem passenden Einflugloch. Halbhöhlenbrüter wie Rotkehlchen oder Grauschnäpper bevorzugen hingegen halboffene Kästen, die gut geschützt angebracht werden.

Hängen Sie die Kästen an einen ruhigen, wettergeschützten Ort und reinigen Sie sie erst im Herbst. Es lohnt sich sie ganzjährig hängen zu lassen: Im Herbst und Winter sind sie ein willkommener Unterschlupf für Haselmäuse, Gartenschläfer oder auch Fledermäuse.

💡Gartentipp: Insektenhotel

Auch Wildbienen, Grabwespen und anderen Bestäuber können Sie mithilfe eines Insektenhotels "unter die Flügel greifen".  Ideal ist ein sonniger, wettergeschützter Platz in 1-2 m Höhe, nach Südost oder Süden ausgerichtet. 

Geeignete Materialien sind Schilf- und Bambusröhrchen mit geschlossenen Enden. Mauerbienen tun Sie mit senkrechten, vor Witterung geschützten Lehmwänden einen Gefallen. Aber Finger weg von Modellen mit Holzwolle, Stroh oder Tannenzapfen – sie werden kaum genutzt und ziehen Bruträuber an.

Achten Sie auf die richtige Bohrung: Bohrlöcher im Holz sollten nicht ins Stirnholz gesetzt werden, da leicht Risse entstehen und Feuchtigkeit eindringen kann. Besser quer in die Seiten eines Stammes bohren, dort wo die Rinde war – so bleibt die Insektenbrut trocken und geschützt.

💡Gartentipp: Fledermauskästen

Ein Fledermauskasten ersetzt fehlende Rückzugorte am Tag für die fliegenden Säuger, die immer weniger Spalten und Hohlräume in alten Bäumen oder Gebäuden finden. Hängen Sie den Kasten mindestens 3–4 m hoch geschützt vor Wind an einer freien, sonnigen bis halbschattigen Wand oder einem Baumstamm auf.

Wenn Gärten zu Zufluchtsorten werden

Zwischen Steinen, in Asthaufen oder unter Laub entsteht oft mehr Leben, als wir ahnen. Es sind die unscheinbaren Ecken, die im Jahresverlauf zum Zuhause für unzählige kleine Mitbewohner werden – mal Brutplatz, mal Winterquartier, mal Versteck.

Wer solche Strukturen zulässt oder gezielt schafft, schenkt gefährdeten Arten nicht nur Schutz, sondern holt ein Stück lebendige Natur direkt vor die eigene Haustür. Und oft ist es gerade dieses leise Leben, das den Garten besonders macht.

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Über den Autor

Caroline Hübenbecker
Caroline Hübenbecker verantwortet die Website und die Social Media Kanäle der Heinz Sielmann Stiftung. Sie freut sich immer wieder Neues über heimische Arten Tipps für den Garten von ihren Kolleginnen und Kollegen zu erfahren und diese weitergeben zu können.

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