Verlorene Dunkelheit (Kopie 1)
Die stille Bedrohung durch Lichtverschmutzung
von Caroline Hübenbecker
Verlorene Dunkelheit (Kopie 1)
Die stille Bedrohung durch Lichtverschmutzung
von Caroline Hübenbecker
Verlorene Dunkelheit
Die stille Bedrohung durch Lichtverschmutzung
von Caroline Hübenbecker
Biologische Rhythmen aus dem Takt
Wir sind es gewohnt, zweimal im Jahr unsere Uhren umzustellen. Mit der Sommer- bzw. Winterzeit soll das Tageslicht besser genutzt werden. Während viele Geister sich über Vor- und Nachteile dieser Praxis scheiden, ist eines sicher:
Tageslicht und Dunkelheit regeln nicht nur bei uns Menschen den Biorhythmus, sondern auch Tiere haben sich über Jahrtausende an die natürlichen Zyklen von Licht und Dunkelheit angepasst.
Licht, das die Dunkelheit verdrängt
Doch die einst finstere Nacht sucht man heutzutage in menschlichen Gefilden vergebens. Mit all den künstlichen Lichtquellen von Häusern, Straßenlaternen und Werbeschildern stören wir die natürliche Dunkelheit. Wir verschmutzen sie regelrecht mit Licht.
Mit erheblichen Folgen für nachtaktive Tiere: Der permanente Lichtsmog kann ihre Nahrungssuche stören, ihre Fortpflanzung beeinträchtigen und ihr natürliches Verhalten durcheinanderbringen.
Ausgeflattert
Nachtfalter sind von Lichtverschmutzung besonders stark betroffen. Sie werden von künstlichem Licht angezogen. Um diese "Lichtfallen" kreisen die lichtsuchenden Falter solange, bis sie schlussendlich vor Erschöpfung sterben.
Dies reduziert ihre Fortpflanzungsraten und führt zu rückläufigen Populationen. Dabei leisten insbesondere nachaktive Falter wie Brauner Bär oder Lindenschwärmer wichtige Bestäubungsfunktionen, die tagaktive Insekten nicht kompensieren können.
Kurzfristiger Nutzen, langfristiger Schaden
Kurzfristig profitieren Fledermausarten wie der Große Abendsegler davon, wenn ihre Beute um Straßenlaternen schwirrt und dort in Menge leicht zu fangen ist. Langfristig sinkt ihr Nahrungsangebot jedoch, wenn nachtaktive Insekten vor Erschöpfung sterben und ihre Populationszahlen sinken.
Zudem meiden einige Fledermausarten wie die Bechsteinfledermaus stark beleuchtete Gebiete komplett, was ihren Lebensraum einschränkt und sie dazu zwingt, in weniger geeigneten Bereichen zu bleiben.
Schwindende Beute
Eulen nutzen bei der Jagd in der Dunkelheit ihre ausgezeichnete Nachtsicht. Künstliches Licht kann ihre Jagdstrategien stören und Beute, wie kleine Säugetiere und Insekten, in beleuchtete Gebiete treiben, wo Eulen sie schlechter fangen können. Dies beeinträchtigt die Nahrungsaufnahme der Eulen.
Orientierungslos über unseren Städten
Belege zeigen, dass besonders nächtlich ziehende Zugvogelarten wie Steinschmätzer, Dorngrasmücke oder Rohrsänger häufig von Kunstlicht angezogen werden und in ihrer Orientierung gestört werden.
Dies führt zu einem höheren Energieverbrauch der Zugvögel und mitunter sogar zu Kollisionen mit den beleuchteten Gebäuden.
Ausgehebelte Schutzmechanismen
Auch Igel sind dämmerungs- und nachtaktiv und verlassen sich auf die Dunkelheit, um sicher getarnt auf Nahrungssuche zu gehen.
Unter Straßenlaternen und in stark beleuchteten Gärten mit Bewegungsmeldern und Fassadenbeleuchtung verlieren sie den Schutz der Dunkelheit und werden für Fressfeinde wie Füchse, Eulen oder Marder leichter sichtbar.
Verirrte Kröten
Viele Amphibien wie Erdkröte, Teichfrösche, Gelbbauchunken und Moorkröten kommen in der Dämmerung oder Nacht aus ihren Verstecken, um auf Nahrungs- oder Partnersuche zu gehen. Sie sind auf dunkle Bedingungen angewiesen, um sicher über Straßen und durch ihre Lebensräume zu wandern.
Künstliche Beleuchtung kann ihre Wanderungen stören und dazu führen, dass sie weniger erfolgreich bei der Fortpflanzung sind.
Licht aus für die Artenvielfalt
Menschen, die einen Garten oder Haus besitzen, können selbst etwas gegen Lichtverschmutzung tun: Richten Sie Lichtquellen gezielt nach unten und nutzen Sie möglichst Lampen mit Bewegungsmeldern. So bleibt der Nachthimmel dunkler, und nachtaktive Tiere können ungestört jagen und sich fortpflanzen.
Wählen Sie warmweißes Licht und schalten Sie unnötige Beleuchtung aus. So reduzieren Sie die Lichtverschmutzung rund um Haus, Garten oder Balkon und tragen dazu bei, dass nachtaktive Tiere in ihrer natürlichen Umgebung besser zurechtkommen.
Eine Heimat in der Dunkelheit
Auf den weitläufigen Flächen von Sielmanns Naturlandschaften in Brandenburg darf die Nacht noch finster sein – ganz zum Wohle ihrer nachtaktiven Bewohner. Bei uns finden Wolf, Raufußkauz, Mopsfledermaus und viele andere selten Arten eine Heimat, die andernorts nur noch schwer zu finden ist.
Hier finden nachtaktive Arten wie der gefährdete Ziegenmelker, die Kreuzkröte oder das gefährdete Braune Langohr ideale Bedingungen, um auf Beutefang zu gehen und sich fortzupflanzen. Auch seltene Nachtfalter wie der Ginster-Streckfuß flattern hier des nachts durch die Dunkelheit.
Über den Autor
Caroline Hübenbecker
Caroline Hübenbecker verantwortet die Website und die Social Media Kanäle der Heinz Sielmann Stiftung. Sie freut sich immer wieder Neues über heimische Arten Tipps für den Garten von ihren Kolleginnen und Kollegen zu erfahren und diese weitergeben zu können.
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