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Künstlich schön – biologisch falsch: Deshalb sind KI-Bilder von Tieren so gefährlich

Besonders charakteristisch für Unken sind ihre herzförmigen Pupillen (l.). Im KI-Bild (r.) sind daraus ovale Frosch-Pupillen geworden.© G. & R. Kistowski/Matthias Neumann
Wie alle Libellen hat auch die Blauflügel-Prachtlibelle in der Realität sehr kurze Fühler. Im KI-Bild ist dagegen mindestens ein langer Fühler zu erkennen, der eher an die Antennen von Schmetterlingen erinnert.© Sebastian Hennigs/Matthias Neumann
Die KI-Darstellung (r.) des Feldhamsters ähnelt eher einem Goldhamster. Das echte Tier (l.) ist deutlich größer und massiger, der Kopf ist länger und läuft zur Nase hin spitzer zu.© Kerstin Hinze/Matthias Neumann

Kein passendes Tierfoto zur Hand? Die Verlockung ist groß, jetzt auf KI-Bilder zurückzugreifen. Doch deren Nutzung ist riskant. Sie enthalten häufig eklatante Fehler und verzerren so die Wahrnehmung von echter Natur und echten Tieren. Die Heinz Sielmann Stiftung präsentiert einige besonders frappierende Beispiele. Hätten Sie den Unterschied erkannt?

Wenn Redaktionen, Verlage oder Agenturen ausdruckstarkes Bildmaterial benötigen, kommen immer öfter KI-Tools zum Einsatz, wie etwa Midjourney, Stable Diffusion oder DALL·E, auf das auch ChatGPT zurückgreift. Künstliche Intelligenz macht es heute möglich, kostengünstig und mit wenigen Klicks ästhetisch überzeugende Bilder zu erzeugen – auch von Tieren. Doch wer darauf vertraut, dass die KI dabei realistische Naturfotos produziert, liegt schnell falsch.

Täuschend echt, aber total fake

„Viele KI-Bilder wirken täuschend echt. Tatsächlich haben diese Bilder aber mit der Realität häufig wenig gemein“, warnt Dr. Hannes Petrischak, Leiter des Geschäftsbereichs Sielmanns Naturlandschaften und Naturerlebnis bei der Heinz Sielmann Stiftung. Das Problem: Bei KI-erzeugten Tiermotiven gehen oft entscheidende arttypische Merkmale verloren. Anzahl und Stellung der Beine etwa, Färbungsmuster von Haut und Fell oder auch Körperproportionen werden von der KI verfälscht oder vermischt. Solche Fehler sind für Fachleute leicht erkennbar — für Laien aber meist nicht. Erst im direkten Vergleich werden die Mängel eindeutig.

Zur Veranschaulichung hat die Heinz Sielmann Stiftung testweise Bilder von gut identifizierbaren, heimischen Arten durch die KI „Midjourney“ generieren lassen und sie echten, professionellen Tierfotos gegenübergestellt (siehe Pressefoto-Link und Bildbeschreibungen unten). In fast allen Testfällen verfälschte die KI das Aussehen der Tiere. Gerade bei Tieren, von denen es nur wenig Bildmaterial im Internet gibt, passierten die meisten Fehler – insbesondere bei seltenen Arten oder Jungtieren.

KI neigt zu Halluzination und Schönfärberei

KI‑Modelle lernen häufig aus großen, öffentlich verfügbaren Bildbeständen. Die Testbilder zeigen, was auch unterschiedliche Forschungsstudien bereits dokumentiert haben: Wo Metadaten fehlen oder die KI-Modelle mit fehlerhaften Daten trainiert wurden, erzeugen sie regelmäßig Fehlrepräsentationen von Tierarten oder „halluzinieren“ plausible, aber erfundene anatomische Merkmale. Tendenziell neigen KI-Modelle außerdem zu idealisierten und verniedlichten Darstellungen von Tieren. Augen und Kopf werden häufig größer dargestellt, sodass die generierten Tiermotive mehr dem Kindchenschema entsprechen. Zudem sind die KI-erzeugten Wildtiere oft unnatürlich sauber.

Für den Biologen Petrischak ist klar: „Generative KI ersetzt bisher noch nicht die biologische Kenntnis von menschlichen Artenexperten. Dass beispielsweise Libellen kurze Fühler haben, weiß die KI häufig nicht. Stattdessen nimmt sie einfach die Fühler von ähnlichen Insekten mit längeren Fühlern als Maßstab. Das verzerrt unser Bild von Natur erheblich.“

KI-Bilder verbreiten Unwissen und Desinformation

Im Internet finden sich zuhauf Beispiele, die die Sorge des Biologen bestätigen. Bereits vor zwei Jahren ging das KI-generierte Foto eines vermeintlichen Pfauenkükens viral. Der dargestellte Jungvogel trägt ein blau-grün schillerndes Federkleid, wie es für erwachsene männliche Pfauen typisch ist. Tatsächlich sind Pfauenküken aber unscheinbar braun gefärbt. Erst im Erwachsenenalter entwickeln die Männchen ihre bunten Federn. Die meisten Nutzer in den Sozialen Medien hielten das niedliche KI-Küken trotzdem für echt.

Beispiele wie dieses machen deutlich: Bei unkritischer Nutzung tragen KI-Tierbilder zur allgemeinen Flut an Desinformationen bei und fördern Unwissen über die Natur und Biodiversität. Angesichts des ohnehin stark abnehmenden naturkundlichen Allgemeinwissens in der Bevölkerung und des dramatischen Artensterbens ist diese Entwicklung höchst problematisch.

Gefahr für den Natur- und Artenschutz

„Reale Bilder sind daher heute wichtiger denn je, um Menschen über biologische Zusammenhänge aufzuklären und für Naturschutz zu sensibilisieren“, sagt Petrischak: „Das Foto eines Tiers in der freien Natur hat einen großen ökologischen oder verhaltensbiologischen Wert und erzählt eine spezifische Geschichte. Es zeigt das Tier in seiner natürlichen Umgebung mit seinem typischen Verhalten. Eine KI erzeugt dagegen aus ähnlichen Bildern, oft auch von anderen Arten, höchstens Näherungen an die Realität.“

Die Heinz Sielmann Stiftung rät daher: Eine verantwortungsvolle Mediennutzung verlangt sowohl eine transparente und eindeutige Kennzeichnung von KI-Bildern als auch eine gründliche fachliche Prüfung. Besonders in Publikationen und Medienformaten, die Umweltwissen und naturwissenschaftliche Inhalte vermitteln, haben KI-erzeugte Tierfotos nichts zu suchen. Die Entscheidung, KI-Bilder zur Illustration von Natur zu nutzen, sollte grundsätzlich kritisch hinterfragt werden. Im Zweifel ist es immer ratsam, auf die Werke professioneller Naturfotografen zurückzugreifen.

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