Auf einer Naturschutzfläche der Heinz Sielmann Stiftung im Bayerischen Wald wurde ein Schwarzstorch (Ciconia nigra) durch eine Kamerafalle dokumentiert. Der scheue Waldbewohner stapft auf der Videoaufnahme durch einen der neu angelegten Tümpel und stochert mit seinem spitzen Schnabel im flachen Wasser. Die Beobachtung gilt als bemerkenswert– nicht nur, weil diese Art schwer zu erfassen ist.
„Das Auftauchen des Schwarzstorchs kann als Beweis dafür betrachtet werden, dass die richtigen naturschutzfachlichen Maßnahmen bereits in kurzer Zeit artenreiches Leben in einen vormals monotonen Fichtenbestand bringen können“, sagt Bernhard Gohlke, Leiter von Sielmanns Biotopverbünden Ostbayern.
Kahlschlag und Wiedervernässung für den Naturschutz
Die sieben Hektar große Projektfläche, direkt neben dem Nationalpark gelegen, wurde 2022 von der Heinz Sielmann Stiftung erworben. Im vergangenen Jahr musste dort ein großflächig von Borkenkäfern befallener standortfremder Fichtenbestand entfernt werden.
„Zeitgleich mit der Rodung haben wir die Wiedervernässung des Geländes eingeleitet. Das war ein wichtiger Schritt, um das Moor zu reaktivieren, Kohlenstoff zu speichern und seltene Arten zurückzubringen“, erklärt Bernd Kannenberg den Zweck der Maßnahmen. Der Fachmann für Wiedervernässung wurde von der Stiftung mit der Projektbetreuung beauftragt.
Etwa die Hälfte der Flächen wurde bereits wieder vernässt. Schon nach einem Jahr zeigen sich messbare positive Ergebnisse für die Natur: Das Laichaufkommen des Grasfrosches ist etwa um das Fünfzehnfache gestiegen. „Das dürfte einer der Gründe sein, warum der Schwarzstorch
hier regelmäßig auftaucht. Er ernährt sich unter anderem von Kaulquappen und den Hüpferlingen (Jungfröschen)“, erklärt Kannenberg.
Wertvoller Lebensraum für viele weitere Arten
Der Schwarzstorch gilt als extrem störungsempfindlich. Im Gegensatz zum weithin bekannten Weißstorch meidet er Menschen und wird daher nur selten gesichtet. Er besiedelt ruhige, strukturreiche Wälder mit Feuchtgebieten. Leider sind solche Lebensräume immer seltener geworden. „Unsere Fläche bietet mit ihren offenen Wasserzonen bereits jetzt ideale Bedingungen für den Schwarzstorch, aber auch für Amphibien, Reptilien und viele weitere Arten“, freut sich Bernhard Gohlke.
Der Schutz von Amphibien und Reptilien ist ein wichtiges Ziel der Wiedervernässung. Insbesondere die Bestände der Kreuzotter sollen durch das Anlegen von Winterquartieren gefördert werden. Parallel dazu entstehen Amphibiengewässer. Die Kreuzotter ernährt sich, genauso wie der Schwarzstorch, von Amphibien. Zugleich bieten die zahlreichen Insektenarten, die von den Gewässern angezogen werden, eine Nahrungsgrundlage für viele Vogelarten, Fledermäuse und weitere Tiere.
Langfristige Pflegemaßnahmen erforderlich
Um die Fläche dauerhaft frei von Gehölzen zu halten, bedarf es einer kontinuierlichen Landschaftspflege. Die Moorflächen werden durch Galloway-Rinder beweidet, die erfahrungsgemäß gut in nassen Gebieten zurechtkommen. Die bislang noch trockenen Offenlandflächen werden extensiv gemäht. Auch sie sollen in Zukunft wiedervernässt werden.
„Standortfremde und monotone Wälder sind nicht nur sehr anfällig für Krankheiten und Schädlinge, sie besitzen kaum einen Wert für den Klima- und Biodiversitätsschutz. Unser Projekt zeigt, dass eine Reaktivierung von Niedermoorlandschaften an geeigneten Standorten extrem effizient sein kann“, betont Gohlke. In der Region hat die Heinz Sielmann Stiftung in den vergangenen Jahren insgesamt 21 Hektar Grund erworben. Weitere Projekte dieser Art sind hier bereits in Planung.