© Tanja Marotzke

Naturschutz mit Weitsicht

Interview mit dem Stiftungsratsvorsitzenden Fritz Brickwedde

"Wir setzen Naturschutz jeden Tag in der Praxis um."

Seit 2017 leitet Dr.-Ing. E.h. Fritz Brickwedde ehrenamtlich den Stiftungsrat der Heinz Sielmann Stiftung. Ein Gespräch über Erfolge, Perspektiven und Herausforderungen für die Zukunft.

Herr Brickwedde, Sie haben 2017 den Vorsitz des Stiftungsrates bei der Heinz Sielmann Stiftung von Inge Sielmann übernommen. Wie kam Ihr persönlicher Kontakt zu den Sielmanns und der Stiftung zustande?

Ich gehöre zu der Generation, die mit Heinz Sielmanns „Expeditionen ins Tierreich“ groß geworden ist. Später habe ich das Ehepaar Sielmann dann persönlich kennengelernt, als Heinz Sielmann 2005 Ehrenpreisträger des Deutschen Umweltpreises der Deutschen Bundesstiftung Umwelt wurde. Ab da wurden unsere persönliche Verbindung und die gemeinsame Zusammenarbeit immer enger. Ich betrachte es als große Ehre und Verantwortung, Nachfolger von Heinz und Inge Sielmann und damit erst der dritte Stiftungsratsvorsitzende in 30 Jahren zu sein. Das spricht ja auch für eine große Kontinuität.

© Iris Blank

Inwiefern hebt sich die Heinz Sielmann Stiftung von anderen Naturschutzorganisationen in Deutschland ab?

Wir sind kein Verein, sondern eine überwiegend operativ tätige gemeinnützige Stiftung. Natürlich fördern wir auch gute Projekte, aber im Kern hebt sich die Heinz Sielmann Stiftung dadurch ab, dass wir Eigentümer großer, unzerschnittener Naturlandschaften sind und alles dafür tun, kontinuierlich weitere Flächen für den Naturschutz zu sichern. Das unterscheidet uns von vielen anderen Institutionen, die über Naturschutz bloß reden. Das ist zwar auch wichtig, aber wir setzen Naturschutz tatsächlich jeden Tag in der Praxis um.

 

Warum ist die Heinz Sielmann Stiftung überhaupt auf Spenden angewiesen?

Unsere Stiftung ist eine klassische Spenderstiftung, die ihren Stiftungszweck nur durch die Unterstützung ihrer vielen tausend Spenderinnen und Spender erfüllen kann. Das unterscheidet uns von reinen Kapitalstiftungen, die ihre gemeinnützigen Ziele dadurch erreichen, dass man die Erträge dieses Kapitals in den gemeinnützigen Zweck investiert. Viele dieser Stiftungen hatten in den letzten Jahren der Niedrigzinsphase große Schwierigkeiten, ihren Stiftungszweck überhaupt zu erfüllen. Dagegen ist die Heinz Sielmann Stiftung mit einem relativ kleinen Grundstockkapital, aber einem großen, engagierten Spenderkreis viel besser durch die Finanzkrise gekommen.

Deshalb ist mir auch besonders wichtig zu betonen: Als Stiftung verstehen wir uns als Treuhänder der Spenderinnen und Spender. Jeder, der für die Heinz Sielmann Stiftung spendet, kann sich darauf verlassen, dass wir so wenig wie möglich für Verwaltung und das Allermeiste für den Schutz unserer heimischen Natur, für bedrohte Tier- und Pflanzenarten und damit für die Zukunft unserer Enkelinnen und Enkel ausgeben. Das lassen wir uns auch jedes Jahr unter anderem durch eine unabhängige Prüfung des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) attestieren.

© Holger Spiering, bodenseefotografie.de

Welche maßgeblichen Impulse konnte die Heinz Sielmann Stiftung in den letzten 30 Jahren für den Naturschutz in Deutschland setzen?

Es ist einfach fantastisch zu sehen, wie sich Sielmanns Naturlandschaften rund um Berlin und Sielmanns Biotopverbünde vom Bodensee ausgehend immer weiterentwickelt haben. Mittlerweile sind wir mit tollen Naturschutzprojekten auch in Bayern, an der Elbe in Sachsen und Sachsen-Anhalt oder auch am Grünen Band in Thüringen aktiv. Wir haben mit Gut Herbigshagen in Niedersachsen ein Zentrum mit großer Strahlkraft. Und wenn wir in diesem Jubiläumsjahr in der Döberitzer Heide ein neues Naturschutzzentrum in einer ehemaligen Ausbildungsstätte der sowjetischen Armee einweihen, dann schließt sich in gewisser Weise auch ein Kreis: von der Vision eines geeinten Deutschlands, die Heinz Sielmann 1989 in seinem Film „Tiere im Schatten der Grenze“ geäußert hat, bis heute, wo aus einer Zentrale der russischen Panzertruppen in der damaligen DDR jetzt ein Natur-Erlebniszentrum geworden ist.

 

Welche Herausforderungen sehen sie für Naturschutzorganisationen in den kommenden Jahren?

Unsere Spenderinnen und Spender sind sehr treue Unterstützer, gehören aber überwiegend der älteren Generation an. Insofern müssen wir es schaffen, dieses Feuer für Naturschutz und Biodiversität auch in die nächste Generation zu tragen. Ich sehe mit einiger Sorge, dass viele junge Menschen heute vornehmlich in virtuellen Welten leben. Ich bin der festen Überzeugung – und das war übrigens auch die Meinung von Heinz Sielmann: Man kann sich nur für Naturschutz engagieren, wenn man gerne in der Natur ist und sie selbst erlebt und lieben lernt. Deshalb werden wir mit der Heinz Sielmann Stiftung auch in Zukunft alles daransetzen, junge Menschen an die Natur heranzuführen und sie für Naturschutz zu begeistern.

 

© Susanne Schmitt

Wie stellen Sie sicher, dass die Heinz Sielmann Stiftung auch für die Zukunft gut aufgestellt ist?

Es ist ganz entscheidend, dass wir sehr gute Leute beschäftigen, die eine herausragende Kompetenz in den Themenfeldern Biodiversität, Naturschutz und Umweltbildung haben, damit wir weiterhin die bestmöglichen Projekte umsetzen. Letztendlich gewinnen wir neue Unterstützerinnen und Unterstützer nur mit überzeugenden Projekten, die aufzeigen, dass man mit guter naturschutzfachlicher Arbeit auch wieder ein Stück Natur zurückgewinnen kann. Projekte also, mit denen wir wieder mehr Räume schaffen, wo es keinen Nutzungsdruck durch den Menschen gibt und sich die Natur frei entfalten kann.

Als Heinz Sielmann Stiftung legen wir unseren Fokus dabei ganz klar auf Deutschland. Unsere Projekte finden fast ausschließlich hierzulande statt und sind Projekte zum Anfassen. Man kann die Flächen besuchen und den Fortschritt sehen. Mit dieser Ausrichtung bin ich mir sicher, werden wir die Arbeit der Stiftung auch in Zukunft erfolgreich fortführen können, weil viele Menschen doch im Herzen sehr an der Natur hängen und sich an einer intakten Tier- und Pflanzenwelt erfreuen.

 

Dr.-Ing. E.h. Fritz Brickwedde

Zur Person

Dr.-Ing. E.h. Fritz Brickwedde, Jahrgang 1948, wuchs in Osnabrück auf und studierte Geschichte, Politikwissenschaften und Publizistik an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Ab 1991 verantwortete er den Aufbau der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die er 23 Jahre lang als Generalsekretär leitete. Für sein vielfaches ehrenamtliches Engagement wurde er 2004 mit dem Verdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Seit 2017 ist er Stiftungsratsvorsitzender der Heinz Sielmann Stiftung.

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