© Ralf Donat

Der Visionär

Erinnerungen von Wolfgang Nolte

Heinz Sielmanns Vision lebt weiter

Erinnerungen von Wolfgang Nolte, dem Bürgermeister a. D. von Duderstadt und stellvertretenden Vorsitzender des Stiftungsrates der Heinz Sielmann Stiftung

Heinz Sielmann war ein großer Tierfilmer und ein beeindruckender Visionär. Seine Entscheidung, eine Stiftung zu gründen, die sein Erbe als Naturfilmpionier und Naturschützer bewahrt, habe ich schon als damaliger Stadtdirektor von Duderstadt von Herzen unterstützt.

Bereits 1988 lernte ich Heinz Sielmann im Rahmen der Dreharbeiten zu seiner Reportage „Tiere im Schatten der Grenze“ in meiner Heimatstadt Duderstadt kennen. Der Film wurde am 21. März 1989 – nur wenige Monate vor dem Mauerfall – vor einem Millionenpublikum im Fernsehen erstausgestrahlt und zeigt die Natur und den erstaunlichen Artenreichtum im damaligen innerdeutschen Grenzgebiet. Für uns war die Grenze dagegen jahrzehntelang vor allem grausamer „Todesstreifen“.

© Heinz Sielmann Stiftung
© Gisela und Friedrich Büchner

Heinz Sielmanns frühe Vision

Zum erneuten Kontakt mit Heinz und Inge Sielmann kam es 1994 über den Professor für Forstwirtschaft Hans Köpp in Göttingen sowie Joachim Hamacher von der SAZ, Garbsen. Das Ehepaar Sielmann bereitete damals die Gründung ihrer Stiftung vor und suchte einen passenden Stiftungssitz. Die Lage Duderstadts im niedersächsischen Eichsfeld an der Landesgrenze zu Thüringen, nun nicht mehr im Schatten der Grenze, passte zu Heinz Sielmanns Vision, die er als Schlusswort seines Films in die Kamera gesprochen hatte:

„Wie wir gesehen haben, gibt es im Schatten der Grenze noch intakte Lebensräume, Refugien der Natur mit einer reichen Tier- und Pflanzenwelt – ein verlockendes Ziel für ein gemeinsames Naturschutzprojekt von Ost und West. Ich jedenfalls, meine lieben Zuschauer, kann mir kein besseres Denkmal für eine überwundene deutsch-deutsche Grenze vorstellen als einen großen Nationalpark von der Ostsee bis zum Thüringer Wald.“

Wahrhaft visionäre Worte!

Gut Herbigshagen wird Stiftungssitz

Am 2. Juni 1994, dem 77. Geburtstag von Heinz Sielmann, stellte das Ehepaar Sielmann gemeinsam mit Zoodirektor Dr. Hans Frädrich, dessen Vorgänger Prof. Dr. Hans-Georg Klös und seiner Ehefrau Dr. Ursula Klös im Berliner Zoo die Heinz Sielmann Stiftung erstmals öffentlich vor. In dieser Zeit konnte ich für die Stadt Duderstadt der Heinz Sielmann Stiftung den geradezu idealen Ort für ihren künftigen Hauptsitz anbieten: das Stadtgut Herbigshagen, idyllisch in der hügeligen Landschaft des Eichsfelds und ganz in der Nähe des 1988er Drehorts gelegen. Über die künftige Nutzung wurde gerade intensiv beraten.

Stadt- und Ortsräte in Duderstadt, unser Ehrenbürgermeister Lothar Koch (MdL), unser Ehrenbürger und Unternehmer Prof. Hans Georg Näder und weitere Entscheidungsträger erkannten die positiven Entwicklungspotentiale, die die Verpachtung des Gutshofs an die Heinz Sielmann Stiftung haben würde. So wurde Gut Herbigshagen bereits am 22. Juni 1996 als erstes Natur-Erlebniszentrum der Stiftung eröffnet – ein attraktiver und weit ausstrahlender Erlebnis- und Lernort, insbesondere für Kinder und Jugendliche, und zugleich ein handfester Beitrag zum ökologischen Stadtumbau.

© Volker Gehrmann/karacho.berlin
© Thomas Stefan

Naturdenkmal für überwundene Teilung

Aber das war längst nicht alles. Dank des BUND mit Dr. Kai Frobel und Liane Geidezis, aber auch der Deutschen Bundesstiftung Umwelt mit ihrem damaligen Generalsekretär Dr.-Ing. E.h. Fritz Brickwedde und weiteren starken Partnern wurde der Traum des Ehepaars Sielmann von einem Naturrefugium entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze auch hier bei uns umgesetzt. Mit dem Grünen Band ist so damals der erste länderübergreifende Lebensraumverbund in Deutschland entstanden, der zugleich als Mahnmal für die Opfer der grausamen Grenze steht.

Am 19. Juni 2002 bei der Einweihung des Land-Art-Projekts „West-Östliches Tor“ wurde hier – ganz in der Nähe von Gut Herbigshagen – vom BUND-Vorsitzenden Prof. Hubert Weiger im Beisein von Michail Gorbatschow das erste Mal die faszinierende Idee eines Grünen Bandes durch ganz Europa artikuliert.

Grünes Band soll UNESCO-Welterbe werden

Insgesamt umfasst das „Grüne Band Deutschland“ heute 1.393 Kilometer von der Ostsee bis zum Bayrischen Wald und ist darüber hinaus Teil des über 12.500 Kilometer langen Grünen Bandes Europa. Ende 2023 hat die Kultusministerkonferenz in einer Sondersitzung sieben Vorschläge für die UNESCO-Liste des Weltkultur- und Naturerbes beschlossen. Dazu gehört auch der Welterbeantrag „Grünes Band“. Diese Nachricht habe ich mit Begeisterung zur Kenntnis genommen, ist sie doch auch ein überzeugender Brückenschlag zu der visionären Idee von Heinz Sielmann und der so erfolgreichen Arbeit der Heinz Sielmann Stiftung, die natürlich auch am Grünen Band fortgesetzt wird.

© Holger Spiering / bodenseefotografie.de

 

 

Wolfgang Nolte war von 1988 bis 2001 Stadtdirektor und von 2001 bis 2019 Bürgermeister der Stadt Duderstadt. Er begleitet die Heinz Sielmann Stiftung seit ihrer Gründung und ist stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrats. © Iris Blank
Wolfgang Nolte war Stadtdirektor (1988 bis 2001) und Bürgermeister (2001 bis 2019) der Stadt Duderstadt und ist stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrates der Heinz Sielmann Stiftung.

Zur Person

Wolfgang Nolte, Jahrgang 1947, war von 1988 bis 2001 Stadtdirektor und von 2001 bis 2019 Bürgermeister der Stadt Duderstadt. Er begleitet die Heinz Sielmann Stiftung seit ihrer Gründung und ist stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrates.

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