Auf zwei Untersuchungsflächen in der Döberitzer Heide hat der renommierte Wildbienenexperte Dr. Christoph Saure zwölf bisher für das Schutzgebiet unbekannte Wildbienen- und Wespenarten festgestellt. Auch bundesweit vom Aussterben bedrohte oder stark gefährdete Arten konnte er dokumentieren. Außerdem fand er 19 sogenannte oligolektische Arten – hochspezialisierte Wildbienen, die ausschließlich Pollen ganz bestimmter Pflanzen sammeln. „Nach bisherigen Erkenntnissen ist die Döberitzer Heide, was Wildbienen und Wespen angeht, das artenreichste Gebiet Brandenburgs“, erklärt Dr. Christoph Saure.
Art im Fokus: Die Purpurgoldwespe
Ein besonders bemerkenswerter Fund ist die Pupurgoldwespe Euchroeus purpuratus. Sie ist bundesweit vom Aussterben bedroht. In der Döberitzer Heide war sie lange Zeit verschollen und ist nach über 25 Jahren wiederentdeckt worden. Die Art lebt als Brutparasit. Sie legt ihre Eier in die Nester bestimmter Grabwespen. Dort entwickeln sich ihre Larven, töten die Nachkommen der Grabwespe und fressen die Nahrungsvorräte. „Dass wir diese ökologische Rarität nach so langer Zeit wiedergefunden haben, zeigt wie erfolgreich die Pflegemaßnahmen in der Döberitzer Heide sind“, sagt Saure.
Die außergewöhnliche Artenvielfalt ist das Ergebnis gezielter Landschaftspflege durch schonende extensive Beweidung. Die untersuchten Gebiete – die sogenannte Holzhofheide und die Heide am Natur-Erlebniszentrum in Elstal – liegen im nordwestlichen Teil der rund 3.600 Hektar großen Sielmanns Naturlandschaft. Beide Flächen werden regelmäßig beweidet, um die Ausbreitung von Bäumen und Sträucher zu verhindern und Offenland zu erhalten. So entstehen blütenreiche, offene Lebensräume, die in Deutschland zunehmend selten sind.
Schutz durch Pferde, Parkrinder, Schafe und Ziegen
Unterstützung kommt dabei von zahlreichen vierbeinigenLandschaftspflegern. Die grasenden Pferde, Parkrinder, Schafe und Ziegen haben jeweils unterschiedliche Effekte auf das Vorkommen verschiedener Pflanzenarten und beeinflussen das Blütenangebot für Wildbienen. Darüber hinaus bearbeiten die Weidetiere den Boden, indem sie zum Beispiel mit ihren Hufen scharren oder sich wälzen.
Die dabei entstehenden vegetationsfreien Stellen nutzen wiederum erdbewohnende Insekten, um ihre Nester im offenen Sandboden anzulegen. Die großen Säugetiere schaffen so auch ökologisch wertvolle Lebensräume für viele Wildbienen und Wespen, denn die große Mehrheit aller Wildbienen- und Wespenarten nistet im Boden.
Laut Dr. Hannes Petrischak, Wildbienenexperte und Leiter des Geschäftsbereichs Sielmanns Naturlandschaften & Naturerlebnis, tragen die von der Heinz Sielmann Stiftung etablierten Beweidungskonzepte entscheidend zum langfristigen Schutz dieser Lebensräume bei. „Die Ergebnisse bestärken uns, den eingeschlagenen Weg in Sachen Beweidung konsequent weiterzugehen“, so Petrischak.
Wärmebedürftige Arten auf dem Vormarsch
Einige Artenfunde zeigen auch deutlich: Der Klimawandel verändert die Tierwelt in der Region. So wurden wärmeliebende Wildbienenarten wie die Gelbbindige Furchenbiene (Halictus scabiosae), die Östliche Zwergwollbiene (Pseudoanthidium nanum) oder die Blauschwarze Holzbiene (Xylocopaviolacea) sowie Wespenarten wie die Heuschreckensandwespe (Sphex funerarius) gefunden.
Noch vor drei Jahrzehnten kamen diese Arten in Brandenburg gar nicht oder nur sehr sporadisch vor. Aufgrund steigender Durchschnittstemperaturen und zunehmender Trockenheit breiten sie sich immer weiter nach Norden aus. „In Zukunft werden wir sicher noch weitere Arten für das Gebiet nachweisen können. Wärmeliebende Arten werden hinzukommen und es gibt immer noch Flächen auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz, die bisher nicht untersucht wurden“, resümiert Saure.
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